Die Wiederbelebung des Sprechtheaters bei den Bregenzer Festspielen feiert man heuer mit zwei der bekanntesten Figuren der Weltliteratur. Und nicht nur das, Don Quijote kommt mit Stars auf die Theaterbühne und eine Frau inszeniert die von Jules Massenet vertonte Männergeschichte.

Vor acht Jahren gab es die letzte Begegnung in Bregenz. Das Deutsche Theater Berlin führte „Kinder der Sonne“ von Maxim Gorki auf. Ulrich Matthes spielte den Wissenschaftler Protassow. An einem weiteren Abend bot man noch „Peggy Pickit sieht das ­Gesicht Gottes“ von Roland Schimmelpfennig. Inszeniert hatte es mit Martin Kusej jener Regisseur, der nun die Leitung des Wiener Burgtheaters übernimmt.

Die Kooperationen des Deutschen Theaters Berlin, das neben dem Berliner Ensemble, der Volksbühne und der Schaubühne zu den großen, geschichts­trächtigen Theaterhäusern der Hauptstadt zählt, mit Bregenz, reichen zurück in die 1990er-Jahre. Mit Lessings „Nathan der Weise“ wurde bekundet, dass das Sprechtheater neben den Opernproduktionen auf dem
See und im Festspielhaus nicht nur durch die kleineren ­Inszenierungen am Martinsplatz zum Festspiel­programm gehören soll. Im Jahr darauf holte man sich „Der Cid“ von Pierre Corneille.

Später war dann das Hamburger Thalia-Theater zu Gast oder es wurde mit dem Theater in der Wiener Josefstadt an ganz alte Traditionen angeknüpft. Nachdem man die Werkstattbühne für neues Musiktheater nutzte und auch das Kornmarkttheater mit Opern bespielt wurde, die mit den großen Produktionen im Festspielhaus korrespondierten – was Intendant David Pountney sehr gut gelang – wurde es gelegentlich wieder still um das Schauspiel. Elisabeth Sobotka holte sich im Vorjahr mit „Böhm“ von Paulus Hochgatterer mit Nikolaus Habjan eine Produktion aus dem Schauspielhaus Graz, die im Zuge der Aufführung bei den Festspielen auf große internationale Beachtung stieß, ging es doch um die kritische Auseinandersetzung mit dem Verhalten des Dirigenten Karl Böhm während und nach der Nazi-Zeit.

Fantast und Pragmatiker. Nun ist das Deutsche Theater wieder da. Bregenz erwarb sich das ­Premierenrecht an der Produk­tion von „Don Quijote“, für die ­Jakob Nolte den Roman von Miguel de Cervantes adaptierte. Man könnte auch sagen, er hat das zu ­Beginn des 17. Jahrhunderts erschienene Werk eingedampft, denn in dieser Version, die von Jan Bosse inszeniert wird, stehen nur zwei Personen auf der ­Bühne, Ulrich Matthes und Wolfram Koch, der Fantast Don Quijote und der Pragmatiker Sancho Panza. Sie zählen zu den bekanntesten Figuren der Weltliteratur, haben zahlreiche Schriftsteller inspiriert, darunter auch Franz Kafka, die Liste der Bühnenadaptierungen ist beachtlich und jene der Vertonungen so lang, dass man Jules Massenet etwa neben Henry Purcell und Antonio Salieri gar nicht so schnell ausmacht.

Die 1910 in Monte Carlo präsentierte Musik des Franzosen geht ins Ohr, hört sich fast so an als wolle man den etwa 400.000 „Carmen“-Fans, die in den letzten zwei Sommern nach Bregenz kamen, eine kleine Fortsetzung im Festspielhaus anbieten, ist doch die Bizet-Oper auf dem See abgespielt. Zu Verdis „Rigoletto“ passt „Don Quichotte“ freilich auch. Und während der deutsche Filmemacher, Bühnenbildner und Regisseur Philipp Stölzl die düstere Oper mit dem Hit „La donna è mobile“ auf einem riesigen Clownskopf samt fahrtaug­lichem Ballon umsetzt, setzt die Französin Mariame ­Clément mit ihrer Bühnenbildnerin Julia Hansen im Festspielhaus ebenfalls auf zahlreiche Verwandlungen und Zeitsprünge, die die ­Motive aus dem ­Roman und vor allem die unterschiedlichen Männerfiguren begreiflich ­machen.

Humor ist Clément keineswegs fremd, in der Straßburger Oper inszenierte sie erst vor einigen Monaten die Wiederentdeckung der Oper „Barkouf oder ein Hund an der Macht“ von Jacques Offenbach, die zu einem Erlebnis wurde und Schlagzeilen machte.

Übrigens: Auch „Rigoletto“ zählt zum Repertoire der Regisseurin, die zum ersten Mal in Bregenz arbeitet. Verdis Oper nach dem Drama „Le roi s’amuse“ von ­Victor Hugo holte sie in Nancy farbenreich in die Gegenwart. CHRISTA DIETRICH

 

Hauptbild. Dietmar Stiplovsek