Nein, die berühmte Oper von Mozart wurde noch nie auf der Bregenzer Seebühne aufgeführt. Dass Don Giovanni heuer aber in den See sticht, ist eine wunderbare Geschichte und beweist, dass die Förderung junger Sänger im Rahmen der Festspiele ernst genommen wird und zu guten Ergebnissen führt.

Freilich haben sich Regisseure und Bühnenbildner der Bregenzer Festspiele für das 1787 uraufgeführte Werk von Wolfgang Amadeus Mozart mit Originaltitel „Il dissoluto punito ossia il Don Giovanni“ interessiert. In der Publikation über die Innovationen unter dem Intendanten Alfred Wopmann findet man sogar einige Skizzen. Selbst sein Nachfolger David Pountney hatte mit dieser Oper geliebäugelt. Dass die Rezitativ-Passagen eine Freiluftaufführung erschweren und die der pausenlosen Aufführungspraxis geschuldeten, notwendigen Kürzungen Mozart-Freunde erzürnen könnten, hat zu anderen Entscheidungen geführt. In seiner Rolle als Regisseur setzte Pountney in Sachen Mozart bekanntermaßen auf die singspielhafte „Zauberflöte“, brachte mit Drachen, Kröten und Riesenvögeln eine urzeitliche Tierwelt auf den See und bescherte dem Unternehmen einer der größten Publikumserfolge der letzten Jahre, die mit einem großen, weltumspannenden Peace-Zeichen endete, an das man sich heutzutage wohl besonders gerne erinnert.

Mit Potenzial. Intendantin Elisabeth Sobotka wählte schon in ihrem ersten Jahr in Bregenz einen Mozart. Während Puccinis grelle „Turandot“ unter freiem Himmel dahinschepperte, „Nessun dorma“ aber auch die Feinspitze versöhnte, ging sie es beim Genie aus Salzburg ganz fein und leise an. Das Kornmarkttheater ist groß genug für schöne Klänge, die allerdings aus jungen Kehlen kommen sollten. Mit „Cosi fan tutte“ wurde das Opernstudio gestartet. So machen es eben nicht alle, aber in Bregenz traut man es sich. Eine Meisterklasse unter Brigitte Fassbaender im Vorfeld, ein kompaktes Ergebnis gegen Ende der Festspielsaison: Schon im ersten Jahr stand fest, dass die Mozart-Reihe am Kornmarkt Potenzial hat. Mit der Programmwahl legte man die Latte hoch, die Da Ponte-Opern, also jene Stücke, für die der italienische Dichter Lorenzo da Ponte das Libretto verfasste, sind für jedes große Haus eine enorme Herausforderung. In umgekehrt chronologischer Reihenfolge mit „Cosi fan tutte“ (uraufgeführt 1790) im ersten Jahr, „Don Giovanni“ (1787) im zweiten Jahr und nun „Le nozze di Figaro (1786) geht es um Liebesfreud und -leid, um Politik und Ehe­dramen und im Fall von „Don Giovanni“ um ein zeitgemäß interpretiertes Ende.

Professionelles Umfeld. Nicht in barocker Manier in die Hölle zu fahren, sondern als Frauenheld einfach einen Herzinfarkt zu erleiden, war für den Tiroler Bariton Wolfgang Schwaiger absolut in Ordnung. Als 25-Jähriger wagte sich der einstige Wiltener Sängerknabe im Vorjahr an die Titelpartie und konnte überzeugen. „Es gibt hier ein professionelles Umfeld. Das hat mich sehr interessiert. Das ist eine wunderbare Erfahrung“, resümierte er sein Debüt. Dabei blickte er übrigens auch auf die Seebühne, sang für „Carmen“ vor und wurde engagiert. Der junge Künstler, der schon als Kind mit dem Groß­vater sang und jodelte und am Tiroler Landestheater bald kleinere Rollen übernahm, ist beim Metier geblieben. In der Inszenierung des Dänen Kaper Holten auf der Seebühne, die die Britin Es Devlin heuer für „Carmen“ mit zwei kartenspielenden Frauenhänden gestaltet hat, singt er die Partie des Moralès.

Der nächsten Opernstudio-Generation wird er vielleicht begegnen können. Dass es möglich ist, nach den Erfahrungen bei den Bregenzer Festspielen ins Ensemble renommierter Opernhäuser zu kommen, beweist unter anderem Annika Schlicht. Die Dorabella der Debüt-Produktion im Sommer 2015 singt an der Deutschen Oper Berlin und war im Übrigen im Vorjahr in „Make no noise“ von Miroslav Srnka eingesetzt, einem Werk, mit dem man bewies, dass neben der Seebühne, dem großen Festspielhaus und dem Kornmarkt auch die Werkstattbühne qualitätsvoll bespielt wird. Heuer gibt es dort Wagners „Ring“ in 90 Minuten.

Bilder. Bregenzer Festspiele | Karl Forster

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